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BAG sieht Trend zur Verschlechterung der Lage

Das Coronatest-Volumen hat schweizweit deutlich abgenommen: In der vergangenen Woche wurden rund zehntausend Personen weniger getestet als in der Vorwoche. Im Gegensatz dazu hat die Positivitätsrate markant zugenommen, wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Dienstag mitgeteilt hat.

19.10.2021 / 15:38 / von: lju/sda
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Insgesamt bezeichnete Patrick Mathys die Lage als «nach wie vor relativ gut». Es zögen jedoch «ein paar dunkle Wolken am Horizont» auf. (Archivbild: KEYSTONE/Peter Schneider)

Insgesamt bezeichnete Patrick Mathys die Lage als «nach wie vor relativ gut». Es zögen jedoch «ein paar dunkle Wolken am Horizont» auf. (Archivbild: KEYSTONE/Peter Schneider)

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Der Bund spricht bei der Entwicklung der Corona-Fallzahlen, Spitaleintritte und Todesfälle von einer Trendwende. Insbesondere in Kantonen mit niedriger Impfquote würden die Zahlen wieder steigen, sagte Patrick Mathys, Leiter Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit im Bundesamt für Gesundheit (BAG), am Dienstag vor den Medien in Bern. Je nach Kanton registriere man derzeit eine 14-Tage-Inzidenz zwischen 70 und 530 pro 100'000 Einwohner. «Sie ist tendenziell dort höher, wo die Impfquote tief ist.»

Insgesamt bezeichnete Mathys die Lage als «nach wie vor relativ gut». Es zögen jedoch «ein paar dunkle Wolken am Horizont» auf. Die Lage auf Schweizer Intensivstationen bleibe angespannt. Rund 120 Personen würden dort wegen Covid-19 behandelt. Die Hälfte davon sei jünger als 57 Jahre.

Es brauche deutlich mehr Geimpfte, um die Massnahmen gegen die Ausbreitung der Corona-Pandemie aufzuheben, erklärt das Bundesamt für Gesundheit BAG. Die Situation verschlechtere sich.

Trend zur Verschlechterung der Lage

«Wir sehen einen Trend hin zur Verschlechterung der Situation», so Patrick Mathys. Diese Trendwende in einigen Kantonen, kombiniert mit dem Schulbeginn und dem kalten Wetter, würde deutlich mehr Impfungen erfordern. «Es braucht mehr Impfungen, um Massnahmen lockern zu können.»

Das Testvolumen habe in der letzten Woche deutlich abgenommen. Letzte Woche waren es rund 35'000 Tests. Nun seien es noch 24'000 Tests pro Tag. Seit dem 11. Oktober kosten die Tests für die Ausstellung eines Covid-Zertifikats grundsätzlich.

Die Impfgeschwindigkeit liege bei 23'000 bis 24'000 Impfungen pro Tag. Es gebe keine neuen Erkenntnisse zum Schutz der Impfung. Nach wie vor schütze eine Impfung in 90 Prozent der Fälle vor einer Hospitalisierung.

Zertifikats-Entscheid der Bergbahnen ist «vermessen»

Laut Patrick Mathys kommt die Ankündigung der Bergbahnen, auf eine Zertifikatspflicht in Skigebieten zu verzichten, zu früh. Der Bundesrat werde darüber entscheiden.

«Jetzt, zu sagen, dass das so sein wird, finde ich ein bisschen vermessen», sagte Mathys. Nicht die Bergbahnen könnten über Corona-Basismassnahmen entscheiden, sondern die Landesregierung.

Der Bund sei aber in Kontakt mit den Bergbahnen und anderen Branchen. «Wir werden sehen, wie die Situation zu gegebener Zeit ist.»

Milo Puhan, Direktor des Instituts für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention der Universität Zürich, bezeichnet den Entscheid der Bergbahnen als «zur jetzigen Zeit vertretbar». Wenn die Zahlen wieder auf das Niveau des Spätsommers stiegen, sei der Verzicht auf das Zertifikat «wahrscheinlich weniger angezeigt».

Long Covid gibt auch Experten noch immer Rätsel auf

Nach neusten Erkenntnissen zu den Langzeitfolgen des Coronavirus, auch Long Covid oder Post-Covid-19-Erkrankung genannt, ist rund jede fünfte erwachsene Person mit einer symptomatischen Covid-Infektion betroffen. Bei den Kindern kommt die Erkrankung bei 3 Prozent derjenigen vor, die eine Infektion durchgemacht haben.

Milo Puhan, Direktor des Instituts für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention an der Universität Zürich, stellte am Dienstag vor den Medien in Bern die neuesten Studien zum Thema vor. Die Krankheit zeichne sich noch immer durch eine Vielzahl von Symptomen sowie eine Vielzahl von Verläufen aus.

«Wir lernen immer mehr über den klinischen Verlauf der Post-Covid-19-Erkrankung», sagte Puhan. Man wisse aber noch zu wenig, um wirksame Therapien gegen die Corona-Langzeitfolgen zu entwickeln.

Die bisher grösste Befragung von 4'000 Personen habe kürzlich gezeigt, dass typische Symptome wie Kurzatmigkeit und trockener Husten mit der Zeit abnähmen. Anders die Entwicklung von kognitiven Beschwerden: Erschöpfungssymptome hielten länger an.

Wer von Long Covid betroffen ist, kann laut Puhan in der Schweiz auf spezialisierte Angebote zugreifen. Er verwies etwa auf die Post-Covid-19-Sprechstunde des Universitätsspitals Zürich. Es sei aber wichtig, nicht nur auf die medizinischen Effekte der Krankheit zu schauen.

Auch Long-Covid-Patienten können sich impfen lassen

Bei Personen, die an Langzeitfolgen von Covid-19 leiden, verschlimmert die Corona-Impfung die Symptome in den allermeisten Fällen nicht. Dies sagte Mayssam Nehme, Klinikleiterin der Abteilung allgemeine Innere Medizin am Universitätsspital Genf HUG, am Dienstag vor den Medien in Bern.

Tendenziell sei in solchen Fällen eine Stabilisierung oder eine Verbesserung zu beobachten, erklärte Nehme gestützt auf Studien. Sie schränkte aber ein, dass die Datenbasis zu dieser Frage bisher relativ klein sei.

Für Long-Covid-Betroffene sei es wichtig, Zugang zu Spezialisten aus mehreren Fachbereichen zu haben und ihren Bedürfnissen entsprechend begleitet zu werden, sagte Nehme weiter.

Bei Trendwende Massnahmen zu lockern laut BAG nicht möglich

«Es wäre vermessen nun zu öffnen, um in zwei oder vier Wochen die Corona-Massnahmen wieder zu verschärfen», sagte Patrick Mathys.

«Wenn wir das Zertifikat nicht hätten, hätten wir heute schon wesentlich mehr Fälle», sagte Mathys am Dienstag vor den Medien in Bern.

Es seien noch zu viele Menschen nicht geimpft und es bestehe noch immer die Gefahr, dass das Gesundheitswesen in einigen Wochen überlastet ist. Es brauche nun noch etwas Geduld. Zu den Berichten von Herzmuskelentzündungen bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren nach einer Impfung mit Moderna erklärte Mathys, dass diese Krankheitsverläufe sehr mild seien.

Skandinavische Länder verzichten wegen dieser Entzündungen auf den Impfstoff von Moderna in dieser Alterskategorie. Es gebe aber zu wenig wissenschaftliche Beweise, diesen Schritt in der Schweiz zu machen, erklärte Mathys.

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