Linkes Komitee wehrt sich gegen Ausbau des Beitrags an Frontex
«Gewalt, Elend und Tod sind an den Aussengrenzen Europas Alltag», sagte Miriam Helfenstein vom Komitee für das Frontex-Referendum am Freitag vor den Medien in Bern. Menschen auf der Flucht würden «entrechtet, geprügelt und abgeschoben». Als europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache sei Frontex dabei mitverantwortlich.
Helfenstein erhob schwere Vorwürfe gegen die europäische Behörde. Diese sei intransparent, schaue weg und sei an Menschenrechtsverletzungen beteiligt. Das Komitee sprach von dokumentiertem illegalen Zurückdrängen von Geflüchteten, von Elend in Camps vor den Toren Europas und Flüchtlingen an Stacheldrahtzäunen. Helfenstein kritisierte, dass die Schweiz trotzdem die Behörde mit massiv mehr Geld unterstützen wolle.
61 statt 14 Millionen Franken
Das Parlament hat den Schweizer Beitrag an Frontex im Herbst auf Antrag des Bundesrats vervielfacht. Statt heute 14 Millionen Franken jährlich sollen bis 2027 61 Millionen Franken pro Jahr an die Grenzschutzagentur fliessen.
Die Schlussabstimmung im Nationalrat fiel mit 88 zu 80 Stimmen bei 28 Enthaltungen knapp aus. Die Nein-Stimmen kamen von der SP-, Grünen- und vereinzelt von der SVP-Fraktion. Zahlreiche weitere SVP-Vertreterinnen und -Vertreter enthielten sich der Stimme.
Nach der Verabschiedung durch das Parlament ebbte der Widerstand gegen die Vorlage nicht ab. Mitte Januar wurden über 62'000 Unterschriften für ein Referendum eingereicht. Deshalb hat das Volk das letzte Wort.
Aufrüstung seit 2016
Die Gegner der Vorlage befürchten, dass mit dem zusätzlichen Geld die europäischen Aussengrenzen noch mehr abgeschottet und europaweit Sonderflüge für Zwangsausschaffungen beschleunigt würden. Frontex spiele eine zentrale Rolle bei der «Entwürdigung von Flüchtlingen durch Abschiebungen».
«Wir haben den früheren US-Präsidenten Donald Trump für die Mauer zu Mexiko kritisiert, machen aber an den Schengen-Aussengrenzen dasselbe», sagte der Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch. Pro Tag würden zehn Menschen auf dem Mittelmeer sterben. Es finde eine humanitäre Katastrophe statt.
Grünen-Präsident Balthasar Glättli erklärte, dass ein Nein zum Ausbau der Frontex-Finanzierung den Druck auf Reformen massiv verstärken würde. Die «schlechteste Grenzbehörde der Welt» müsse reformiert werden.
«Rassistisch und menschenfeindlich»
Es sei nicht zu rechtfertigen, dass sich vermehrt bewaffnete Angehörige des Schweizer Grenzwachtkorps an Frontex-Einsätzen beteiligten, argumentierte das Komitee «No Frontex» weiter, das vom sogenannten Migrant Solidarity Network angeführt wird.
Die Organisation Solidarité sans frontières sprach in einer eigenen Mitteilung von einer «Aushöhlung des Asylrechts und von Grundrechten». Sie bezeichnete die europäische Migrationspolitik als «rassistisch und menschenfeindlich». Frontex sei ein Beispiel für diese Politik.
Seit Jahren wachse die Grenzschutzbehörde sie exponentiell, was Budget, Personal und Ausrüstung angeht. «Es ist höchste Zeit, Stopp zu sagen.»
Ausbau seit 2016
Die EU rüstet seit 2016 die Grenz- und Küstenwache Frontex mit mehr Personal und technischer Ausrüstung auf, damit die Agentur ihre Aufgaben im Grenz- und Rückkehrbereich besser wahrnehmen kann. An diesem Ausbau muss sich auch die Schweiz beteiligen, weil es sich um eine Schengen-Weiterentwicklung handelt.
Justizministerin Karin Keller-Sutter verteidigte kürzlich vor den FDP-Delegierten die Vorlage. «Der Schutz der Aussengrenzen bedeutet, die Sicherheit und Freiheit unseres Landes zu gewährleisten», sagte sie.