Mit Flüchtlingen den Lehrlingsmangel auffangen
Erstellt wurde der Bericht vom ehemaligen Sonderbotschafter für Migrationsfragen, Eduard Gnesa, im Auftrag des Staatssekretariats für Migration (SEM). Gnesa sollte «einen Dialog mit Arbeitgebern initiieren», um das Engagement der Schweizer Wirtschaft bei der Arbeitsintegration von anerkannten Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommen zu fördern. In 55 Interviews mit Sozialpartnern, Branchenverbänden, staatlichen und kantonalen Stellen sowie Integrationsexperten zeigten sich die Arbeitgeber «meist motiviert», Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommenen anzustellen, wie dem Bericht zu entnehmen ist, den das SEM am Dienstag den Medien in Bern vorstellte. Als Gründe dafür nannten die Befragten unter anderem fehlende Arbeitskräfte, unbesetzte Lehrstellen, kostengünstige Arbeitskräfte und soziale Mitverantwortung.
Basierend auf den Gesprächen gibt Gnesa drei Schlüsselempfehlungen ab. Die ersten beiden Vorschläge sind dabei nicht überraschend: Die Information und Vernetzung soll mit einer einheitlichen und schweizweiten Informationsplattform sowie Informationsveranstaltungen zur Sensibilisierung der Arbeitgeber verbessert werden. Weiter soll nach Ansicht von Gnesa das Potenzial aller arbeitsfähigen Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommenen durch die Kantone möglichst früh durch eine Selbstbeurteilung und einen Leitfaden des SEM abgeklärt werden. Ein Jobcoach soll die Betroffenen auf den Einstieg in den Arbeitsmarkt vorbereiten, bei der Stellensuche unterstützen und Ansprechperson für Arbeitnehmer und Arbeitgeber sein.
Um den Lehrlingsmangel zu bekämpfen, sollen Flüchtlinge unter 30 eingesetzt werden. Auf welche Hürden Arbeitgeber dabei stossen, weiss RADIO TOP:
Zündstoff bergen dürfte hingegen die dritte Empfehlung: Der Gnesa-Bericht regt an, dass das SEM und das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) unter Einbezug der Kantone und «gegebenenfalls der Sozialpartner» die Modalitäten von allfälligen finanziellen Anreizen für Arbeitgeber im Sinne von Einarbeitungszuschüssen oder Teillohnmodellen von Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen prüfen sollen. Das Ziel ist es, finanzielle Hindernisse für die Anstellung von Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen zu beseitigen. Laut dem Bericht ist generell eine «Chancen-Gleichstellung» von Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen bei den Berufs- und Ausbildungsbedingungen mit Personen, die vergleichbare Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt haben – etwa Arbeitslosen, IV-Bezügern und Ausgesteuerten – anzustreben.
Ganz auszuschliessen seien Verdrängungseffekte durch Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene vor allem auf dem Arbeitsmarkt für wenig Qualifizierte nicht, heisst es im Bericht. Zahlenmässig könnte ein Verdrängungseffekt – wenn überhaupt – gering ausfallen, da Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene in der Schweiz knapp ein Prozent der gesamten Bevölkerung ausmachten.