Organmangel soll mit neuem Modell bekämpft werden
Spenderorgane in der Schweiz sind Mangelware. Jährlich sterben Dutzende, weil kein passendes Spenderorgan gefunden werden kann. Die Volksinitiative zur Organspende soll Abhilfe schaffen. Die Initiative verlangt vereinfacht gesagt: Wer sich nicht ausdrücklich gegen Organspende ausspricht, wird automatisch zum Spender. Viele europäische Länder haben dieses Modell bereits eingeführt. Doch die sogenannte «Widerspruchslösung» ist umstritten. Sie könnte dazu führen, dass Menschen Organe ohne deren Einverständnis entnommen werden und stellt so einen gravierenden Eingriff in die Persönlichkeit dar. 2012 wurde die «Widerspruchslösung» von der nationalen Ethikkommission (NEK) im Bereich Humanmedizin als «ethisch bedenklich» bezeichnet.
Die Deutsche Idee zur Organspende kommt in der Schweiz hauptsächlich positiv an, wie der Beitrag von TELE TOP zeigt:
Derzeit befasst sich die NEK erneut mit der Thematik und wird sich in Kürze in einer Stellungnahme dazu äussern, wie die «NZZ» schreibt. Bleibt die NEK bei ihrem Entscheid von 2012, wird es für die «Widerspruchslösung» trotz grosser Zustimmung in den Umfragen schwer. Die Suche nach einem Gegenvorschlag könnte schnell in den Vordergrund rücken.
Ein Alternativmodell wurde vor Kurzem in Deutschland vorgeschlagen. Der Ansatz: regelmässige Befragungen. Jede erwachsene Person soll bei der Erneuerung des Personalausweises automatisch zur Spendebereitschaft befragt werden. Sofern die Person Angaben macht, sollen diese in einem Register eingetragen werden. In der Schweiz stösst dieser Vorschlag auf offene Ohren. So bezeichnet NEK-Präsidentin Andrea Büchler den Vorschlag in der «NZZ» als «interessant und erwägenswert». Auch Franz Immer, Direktor der nationalen Stiftung für Organspende und Transplantation «Swisstransplant», bezeichnet die Stossrichtung als grundsätzlich zielführend.
In der Schweiz wäre also denkbar, dass eine solche Abfrage bei der Erneuerung der Identitätskarte, des Passes oder der Aufenthaltsbewilligung erfolgt. Auch Ruth Baumann-Hölzle von der Stiftung Dialog Ethik nennt in der «NZZ» den Vorschlag prüfenswert. Sie spricht sich klar gegen die «Widerspruchslösung» aus. Es müsse aber sichergestellt werden, dass nur urteilsfähige Menschen befragt werden und nicht stellvertretend für urteilsfähige Menschen entschieden werden kann, so die Ethikerin. Ausserdem müssten die Behörden Entscheidungsgrundlagen zur Verfügung stellen und Informationsgespräche ermöglichen. Laut Bamann-Hölzle sei zudem wichtig, dass es das Recht gebe, sich nicht zu äussern.
Vieles hängt von der Ausgestaltung einer obligatorischen und automatisierten Befragung ab. Das denkt auch Franz Immer von Swisstransplant. In der «NZZ» dämpft er übertriebene Hoffungen: «Andere Länder haben die sauch schon versucht, doch der Erfolg blieb vielfach bescheiden.» Doch Swisstransplant zielt mit dem nationalen Organspende-Register in eine ähnliche Richtung. In diesem Register, das eine Alternative zur Organspende-Karte darstellt, können alle Personen über 16 Jahren festhalten, ob sie ihre Organe im Todesfall spenden wollen. Dabei will Swisstransplant nicht nur mit Spitälern, sondern auch mit Gemeindeverwaltungen kooperieren. Es sei laut Immer denkbar, das auch Einwohnerkontrollen zu Register-Kontaktstellen würden.