Schweizer Medien warnen vor Einschränkung der Pressefreiheit
Eine uneingeschränkt funktionierende und freie Medienlandschaft sei wichtig; dies habe sich gerade bei Themen wie dem Bankengesetz und unter dem Einfluss der russischen Propagandamaschinerie rund um den Angriffskrieg gegen die Ukraine gezeigt, mahnt der Verband Schweizer Medien zum Internationalen Tag der Pressefreiheit am (morgigen) Dienstag. Eine «historisch breite Allianz der Medienbranche» sehe dieses Gut zumindest teilweise in Gefahr.
Der Ständerat sowie beide Rechtskommissionen (RK-N und RK-S) schlügen in der Revision der Zivilprozessordnung vor, in Artikel 266 die Hürde für vorsorgliche Massnahmen gegenüber Medienberichten massiv zu senken.
Diese Änderung würde dem vorschnellen Stoppen missliebiger, kritischer Recherchen Tür und Tor öffnen und alle Medienschaffenden treffen, warnt der Verband Schweizer Medien in einer Mitteilung vom Montag. Eine solche Gefährdung der Medienfreiheit sei hochproblematisch für die freie Meinungsbildung und Meinungsäusserung als Grundpfeiler der Schweizer Demokratie.
Es drohen mehr Verfahren
Die vorgeschlagene Änderung würde zu deutlich mehr Verfahren führen. Allzu oft würden nämlich vorsorgliche Massnahmen zu einem Zweck eingesetzt, der nicht der Norm entspreche: als Verzögerungstaktik, um Zeit zu gewinnen. Und gerade für kleine Medientitel bedeuteten solche Verfahren oft einen grossen Aufwand.
Mit einer weiteren Änderung sei die Allianz aber einverstanden, heisst es in der Mitteilung: Im Unterschied zum bestehenden Recht wolle der Bundesrat Artikel 266 insofern ändern, als nicht nur eine drohende, sondern neu auch eine besondere Rechtsverletzung dem oder der Gesuchstellenden einen besonders schweren Nachteil verursachen kann. Damit werde eine seit Jahren bestehende Gerichtspraxis ins Gesetz geschrieben.
Syndicom warnt vor vorläufigem Maulkorb
Laut der Mediengewerkschaft Syndicom haben superprovisorische Verfügungen die Wirkung eines vorläufigen Maulkorbs für Journalistinnen und Journalisten. Damit könnten die oft «finanzstarken und mächtigen Akteure» die öffentliche Aufmerksamkeit minimieren, heisst es in einer Mitteilung.
Bereits schränke das Schweizer Bankengesetz in Artikel 47 die Arbeit von Medienschaffenden bei der Auswertung geheimer Daten massiv ein, so Syndicom. Schweizer Medien hätten deshalb auf die Mitarbeit an der Aufdeckung der «Suisse Secrets»-Affäre verzichten müssen. Faktisch beinhalte das Bankengesetz ein Rechercheverbot, sobald vertrauliche Bankdaten betroffen sind.
Aber auch von Polizei und Behörden würden Medienschaffende bei der Berichterstattung behindert, ruft Syndicom in Erinnerung. Solche Fälle würden der Mediengewerkschaft immer öfter gemeldet. Es brauche deshalb eine Anerkennung der Rechte der Medienschaffenden auf Zugang zu Informationen und die Möglichkeit, sich selbst ein Bild vor Ort zu machen, auch bei Demonstrationen und Besetzungen.
Gesetzesrevision umstritten
Der Verlagsleiter der Schaffhauser AZ, Mattias Greuter, blickt kritisch auf die geplanten Gesetzesrevisionen. Durch die Erleichterung der bürokratischen Hürden könnte sich die Arbeit im Investigativjournalismus deutlich schwieriger gestalten und Druck auf Journalisten ausgeübt werden. Er befürchtet, dass die Vielfältigkeit und Qualität von kleineren Medienhäusern drastisch abnimmt, da gerade die kleinen Medienbetriebe sich finanziell nicht auf juristische Schlagabtausche einlassen könnten.
Im Interview mit TELE TOP sprechen Mattias Greuter und SVP Ständerat Hannes Germann über die Gesetzesänderung: