«Weitere Jugendkrawalle sind möglich»
Angefangen hat alles mit einer zwar illegalen, aber friedlichen Party in St.Gallen. Die Polizei löste diese auf. Die Folgen, Jugendliche gingen an mehreren Nächten mit Steinen, leeren Flaschen und Molotow Cocktails auf die Polizei lost. Die Stadtpolizei reagierte darauf mit gross angelegten Personenkontrollen und hunderten Wegweisungen. Sie wollte weitere Krawalle verhindern. Doch die Präsenz der Polizei löste viel Kritik aus. Die Frage, die sich stellt, stachelt das Vorgehen der Ordnungshüter die Jugendlichen nicht noch mehr an? Nicht zwingend, meint Dirk Baier. Er leitet das Institut für Delinquenz und Kriminalprävention an der ZHAW. «Die meisten jungen Menschen haben die Rote Karte der Polizei verstanden. Der grosse Teil von ihnen wird keine Feindschaft gegen die Polizei aufbauen. Sowieso sind die allermeisten der Jungen nicht gewalttätig. Das ist nur ein kleiner Teil.»
Trotzdem sei Vorsicht geboten. Für den gewaltbereiten Teil der Jugendlichen sei die Polizei tatsächlich ein willkommener Gegner. «Bei den Protestierenden sind jugendliche aus der Hooligan oder anderen Szenen dabei, die zur Gewalt neigen. Die sind auf Krawall aus», stellt Baier fest.
Das ganze Interview mit Dirk Baier, Leiter des Instituts für Delinquenz und Kriminalprävention an der ZHAW:
«Die Massnahmen richten sich gegen die Jugendlichen»
Es sei nicht auszuschliessen, dass es zu weiteren Krawallen kommen werde. Die psychische Belastung, welche die Corona Massnahmen mit sich bringen, sei nach wie vor gross. «Die Massnahmen richten sich indirekt gegen die Jugendlichen. Sie schränken ihre Freiheiten ein. Doch genau diese Freiheiten sind für die Jugendlichen ganz wichtig sind. Daher kann es gut sein, dass sie ihrem Unmut weiterhin kundtun.»
Die Krawalle haben auch etwas Gutes
Die Corona Pandemie begleitet unsere Gesellschaft nun seit über einem Jahr. Die Jugendlichen seien in dieser Zeit zu wenig angehört worden. «Zum ersten Mal seit über einem Jahr geht die Politik auch auf die Sorgen der jungen Menschen ein. Sie versucht jetzt Perspektiven zu schaffen. Das ist das Positive an diesen Protesten.» Trotzdem ist davon auszugehen, dass der Bundesrat so schnell keine Lockerungen der Massnahmen vornehmen wird.
«Die Politik ist in der Verantwortung»
Auch aus der Politik werden Stimmen laut, die fordern, dass die Anliegen der Jugend vermehrt angehört werden müssen. So haben Jungparteien von mitte-links bereits einen offenen Brief an den Bundesrat geschrieben. Darin fordern sie, dass Vertreter der Jugend in die Entscheidungsprozesse in der Corona Pandemie angehört werden sollen.
In der Samstagsrundschau des SRF hat auch der oberste Polizeidirektor des Kantons St.Gallen Fredy Fässler gefordert, dass sich die nationale Politik der Sache annehmen müsse. «Es ist die Aufgabe der Politik, solche gesellschaftlichen Phänomene aufzufangen. Die Polizei kann nur für Recht und Ordnung sorgen. Das sind Kurzfristige Massnahmen. Um das Problem langfristig zu lösen, muss die Politik aktiv werden. Und zwar National.»