(Archivbild: KEYSTONE/GAETAN BALLY)
Chef der Versandapotheke Zur Rose freigesprochen
Dem Chef der Versandapotheke Zur Rose ist vorgeworfen worden, dass beim Versand von Medikamenten die Patienten keine ausreichende Beratung erhalten haben. Zur Rose soll Medikamente auf Bestellung an Kunden versandt haben, ohne die gemäss Heilmittelgesetz vorgeschriebene ärztliche Verschreibung korrekt durchgeführt zu haben: Die Patienten erhielten die Medikamente, nachdem sie online einen Fragebogen ausgefüllt hatten. Es ging dabei um etwa 143'000 Bestellungen. Der Apothekerverband PharmaSuisse hat Anzeige erstattet, weshalb es zum Verfahren kam.
Dieses hielt fest, dass ein persönlicher Kontakt zwischen Patient und einem Arzt notwendig ist, bevor ein Medikament im Internet bestellt werden kann. In den Jahren davor, die beim Prozess Thema waren, habe der Chef der Zur Rose Apotheke also nicht illegal gehandelt.
Das Bezirksgericht Frauenfeld ist dieser Argumentation gefolgt und hat den Chef der Versandapotheke freigesprochen. Er erhält zudem eine Entschädigung von 30'000 Franken.
Auch mit der Auszahlung von Vergütungen an Ärzte soll Zur Rose gegen das Heilmittelgesetz verstossen haben. Laut Anklage erhielten in den Jahren 2010 bis 2014 rund 6400 Ärzte insgesamt über acht Millionen Franken an solchen Entschädigungen. Zur Rose beziehungsweise der Chef der Versandapotheke sind auch von diesem Anklagepunkt freigesprochen worden.
Das Bezirksgericht Frauenfeld sprach den Angeklagten somit im ersten Teil des Prozesses in allen Punkten frei. Damit wird der zweite Verfahrensteil, bei dem es um die Schuldzumessung gegangen wäre, hinfällig. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Erleichterung bei Zur Rose - Enttäuschung bei PharmaSuisse
Die Staatsanwaltschaft hat gegenüber RADIO TOP bereits erklärt, dass sie das Urteil wohl kaum weiterziehen will. Es entspricht grundsätzlich auch den Erwartungen von Staatsanwalt Marco Breu. Er hatte während dem Verfahren betont, dass es sich beim Verfahren in erster Linie um einen Wirtschaftskrieg zwischen PharmaSuisse und Zur Rose handelt, der auf dem Rücken des Staates ausgetragen wird.
Bei PharmaSuisse ist die Enttäuschung nach dem urteil gross. In einer Medienmitteilung liess der Verband verlauten, dass Zur Rose bewusst geltendes Recht umgangen habe. Das Geschäftsmodell sei ohne Fachberatung oder individuelle Betreuung einzig an Umsatz und Gewinn orientiert. Das Urteil sende das Signal aus, Unternehmer müssten sich nicht an Gesetze halten. Gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA gab PharmaSuisse an, den Fall nicht ans Obergericht weiterziehen zu wollen.
Der Chef der Versandapotheke Zur Rose Walter Oberhänsli zeigte sich gegenüber RADOI TOP erleichtert: «Ich hoffe, dass nun die Odyssee von unnötigen Gerichtsprozessen zu Ende ist.» Das Urteil zeige auf, dass sich der technologische Fortschritt im Gesundheitswesen nicht durch Gerichtsverfahren aufhalten lässt.