Flowtex-Prozess: Hohe Entschädigungen nach Freisprüchen
Der am Donnerstag veröffentlichte und noch nicht rechtskräftige Entscheid des Obergerichts setzt den vorläufigen Schlusspunkt unter einen der aufwendigsten Prozesse der Thurgauer Justizgeschichte. Die Akten umfassten 120 Bundesordner, insgesamt dauerte das Verfahren zwölf Jahre.
Ausgangspunkt des Falls ist ein Wirtschaftsdelikt, das in Deutschland im Jahr 2000 Schlagzeilen machte. Der Flowtex GmbH waren Betrügereien in Milliardenhöhe mit Bohrsystemen nachgewiesen worden. Ein Teil der illegalen Gewinne blieb aber nach der Strafuntersuchung verschwunden. Um diese Vermögenswerte ging es im Verfahren im Kanton Thurgau. Ausgelöst wurde es 2009 durch einen Hinweis aus einer Bankfiliale in Frauenfeld an die Meldestelle für Geldwäscherei.
Die Thurgauer Staatsanwaltschaft warf dem ehemaligen Flowtex-Geschäftsführer, seiner Ex-Frau sowie deren Anwalt vor, Luxusgüter, Gelder und Kunstwerke im Wert von 25 Millionen Franken in die Schweiz verschoben und so gewaschen zu haben. Sowohl vor dem Bezirksgericht Frauenfeld als auch vor dem Obergericht erreichte die Anklage Schuldsprüche wegen Geldwäscherei.
Die Wende vor Bundesgericht
Das Bundesgericht stellte dann aber fest, die ertrogenen Vermögenswerte seien in Deutschland gemäss den damals geltenden Gesetzen nicht einziehbar gewesen. Geldwäscherei könne jedoch nur an Vermögenswerten begangen werden, die einziehbar seien.
Danach ging der Fall zurück ans Thurgauer Obergericht, das die Freisprüche formell bestätigen sowie über die Entschädigungen der Beschuldigten entscheiden musste. Zwei der Verfahren wurden schriftlich erledigt. Der ehemalige Flowtex-Geschäftsführer erhielt 158'000 Franken für seine Verteidigung zugesprochen. Seine Ex-Frau, die im Prozess die Hauptangeklagte gewesen war, bekommt 980'000 Franken.
Hohe Forderungen des Anwalts
Zu den Forderungen des Anwalts fand am 27. Mai eine öffentliche Verhandlung statt. Sein Rechtsvertreter machte unter anderem Entschädigungen für wirtschaftliche Einbussen in der Höhe von 4 Millionen Franken geltend. Die Verteidigungskosten sollten mit 1,1 Millionen entschädigt werden. Zum Forderungskatalog gehörte auch eine Genugtuung vom 50'000 Franken. Insgesamt belief sich die Summe auf rund 5,9 Millionen Franken.
Der Staatsanwalt verlangte eine Reduktion dieser Forderungen. Dies sei möglich, ohne die Unschuldsvermutung zu verletzen. Der Anwalt habe sich um kriminelle Vermögen gekümmert, deren Herkunft verschleiert werden sollten.
Im Entscheid des Obergerichts finden sich auf rund hundert Seiten detaillierte Überprüfungen der Forderungen - bis zu den angegebenen Kosten für erstellte Kopien. Unter dem Strich sprach das Gericht markant tiefere Beträge aus als verlangt.
So wird der Anwalt unter anderem für die wirtschaftlichen Folgen des Verfahrens mit 956'000 Franken entschädigt. Dazu kommen 19'000 Franken als Genugtuung für die Untersuchungshaft sowie für die Persönlichkeitsverletzung. Addiert sind dies insgesamt 975'000 Franken. Dieses Urteil ist, wie auch der Entscheid zur Ex-Frau, noch nicht rechtskräftig.