Thurgauer Entschuldigung für Flüchtlingspolitik in der Nazizeit
Laut Daniel Frischknecht, EDU-Kantonsrat aus Romanshorn und Präsident der EDU Schweiz, wurden zwischen 1933 und 1945 Hunderte von Juden an der Thurgauer Grenze abgewiesen. Die meisten habe man dadurch in den sicheren Tod geschickt. Dieses dunkle Kapitel der Thurgauer Geschichte wurde nie historisch aufgearbeitet.
Der Thurgau habe damals in der Flüchtlingspolitik «eine der restriktivsten Haltungen der Schweiz» verfolgt, stellte Frischknecht in seiner Einfachen Anfrage im Grossen Rat fest. Bundesbern habe den Kanton deswegen schon damals gemahnt.
Fremdenpolizei-Akten vernichtet
Ein Hauptverantwortlicher der Thurgauer Flüchtlingspolitik war der damalige Polizeikommandant Ernst Haudenschild. Bei seiner Pensionierung im Jahr 1958 verschwanden die fremdenpolizeilichen Akten jener Zeit. Haudenschild dürfte sie vernichtet haben.
Daniel Frischknecht wünschte sich von der heutigen Thurgauer Regierung «ein offizielles, formales Schuldeingeständnis und eine Entschuldigung, wie in den Fällen der Fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und den Medikamententests der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen».
Die Regierung räumte in ihrer Antwort ein, dass sich der Thurgauer Regierungsrat nie förmlich für die rigide Handhabung der Fremdenpolizei zur Zeit des Nationalsozialismus entschuldigt habe. «Der Regierungsrat bedauert das Geschehene zutiefst und holt die Bitte um Entschuldigung nach.»
Entschuldigung um Jahre zu spät
Dies geschehe im Bewusstsein, dass die Entschuldigung «um Jahre zu spät kommt, weil sie viele Menschen, die lange mit Recht auf sie gehofft hatten und sie hätten annehmen wollen, nicht mehr erreichen kann». Die Regierung wolle prüfen, ob im grenznahen Raum des Kantons Thurgau ein Symbol der Erinnerung geschaffen werden soll.
Zuerst sollen aber die Arbeiten des Bundes zur Schaffung eines Schweizer Ortes der Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus abgewartet werden. Eine Motion im Parlament in Bern fordert dies.
Daniel Frischknecht zeigte sich gegenüber dem «St.Galler Tagblatt» erfreut über die Stellungnahme der Thurgauer Regierung. Doch er stelle sich die Frage, ob diese Zeilen auf seine Anfrage nun bereits als offizielle Entschuldigung angesehen würden. Das wäre ihm zu zaghaft, erklärte der Kantonsrat.
Vielmehr denke er daran, an jedem Thurgauer Grenzübergang ein Mahnmal zu errichten. Und eine Entschuldigung der Thurgauer Regierung sollte sich ausdrücklich an die jüdische Gemeinschaft richten, findet Frischknecht.