Das Zürcher Stimmvolk entscheidet über die Nationalitätennennung bei Polizeimeldungen. (Symbolbild: Keystone / Handout / Kapo Zürich)
Die Zürcher Abstimmungsresultate im Überblick
Hinweis: Der Ja-Anteil ist blau statt grün gefärbt, um Rücksicht auf Menschen mit einer rot-grün Farbenblindheit zu nehmen.
7. März 2021, 18:30: Schlussresultate online
Nach Auszählung aller Gemeinden, hat die Zürcher Bevölkerung der Änderung des Sozialhilfegesetzes mit 67,7 Prozent zugestimmt. Ein noch klareres Ja gibt es bei der Kantonsverfassung. Diese erhält zum Schluss 80,4 Prozent Zustimmung und ist somit mehr als unbestritten. Es wurden 346'434 Ja-Stimmen und 84'324 Nein-Stimmen gezählt. Ein Nein erleidet die SVP mit ihrer Initiative «Bei Polizeimeldungen sind die Nationalitäten anzugeben». Die Zustimmung liegt bei 43,8 Prozent und reicht damit nicht für eine Mehrheit aus. Angenommen ist hingegen der Gegenvorschlag mit 55,2 Prozent.
7. März 2021, 15:00: 146 Gemeinden ausgezählt
Bei einer Mehrheit der Gemeinden im Kanton Zürich liegen die Resultate vor. 146 von fast 180 Gemeinden sind ausgezählt. Die Resultate zeigen, dass die Änderung der Kantonsverfassung mit über 80 Prozent Ja-Stimmen klar angenommen wird. Ein klares Ja gibt es auch bei der Änderung des Sozialhilfegesetzes. Demnach wollen 69 Prozent der Stimmbeteiligten, dass Gemeinden Sozialdetektive anstellen können. Ein Nein gibt es hingegen bei der Nationalitätennennung bei Polizeimeldungen. Mit nur 44 Prozent Ja-Stimmen muss die SVP eine Niederlage einstecken. Der Gegenvorschlag erreicht 57 Prozent Zustimmung.
7. März 2021, 12:20: Erste Hochrechnungen sind da
Noch sind nicht alle Gemeinden ausgezählt. Die bisherigen Zahlen zeigen gemäss einer ersten Hochrechnung des kantonalen Amts für Statistik jedoch ein klares Bild. Die Zürcherinnen und Zürcher wollen Sozialdetektive zulassen. Die Hochrechnung prognostiziert 68,5 Prozent Ja-Stimmen.
Bei der Nennung von Nationalitäten in Polizeimeldungen wird sich gemäss Hochrechnung wahrscheinlich der Gegenvorschlag zur SVP-Volksinitiative durchsetzen. Er hat der Hochrechnung zufolge 59,6 Prozent Ja-Stimmen und liegt auch bei der Stichfrage vorne.
Auch die dritte kantonale Vorlage wird voraussichtlich angenommen. Es handelte sich um eine Verfassungsänderung bezüglich der Grenzwerte der Finanzkompetenzen. Hier geht die Hochrechnung von einem Ja-Stimmenanteil von 79 Prozent aus.
7. März 2021, 12:00: Die drei kantonalen Vorlagen
Bei den Regeln für Sozialdetektive sind sich SVP und Grüne/AL für einmal einig: Die gesetzlichen Bestimmungen, die vors Volk kommen, seien unbrauchbar. Nach Ansicht der SVP, die dabei von der FDP unterstützt wird, ist die Regelung viel zu lasch. Denn das neue Gesetz würde zwar Observationen erlauben, jedoch nur mit Bewilligung des Bezirksrates. Hausbesuche müssten vorher angemeldet werden.
Die Bürgerlichen vermissen in der Gesetzesvorlage zudem die Erlaubnis, GPS-Tracker an Autos kleben zu dürfen - eine Überwachungsform, die der Bund eigentlich sogar erlauben würde. 50 Zürcher Gemeinden wollen ebenfalls mehr Möglichkeiten, um Sozialhilfebetrüger überführen zu können. Sie ergriffen deshalb das Gemeindereferendum gegen das neue Gesetz.
Grüne und AL wollen keine «Sozialschnüffler»
Grüne und AL hingegen lehnen Sozialdetektive aus Prinzip ab und wollen deshalb gar keine gesetzliche Grundlage für ihren Einsatz schaffen. Es brauche keine «Sozialschnüffler» ohne Ausbildung. Für die Verfolgung von Sozialhilfemissbrauch sei die Polizei zuständig.
Der Regierungsrat und eine knappe Mehrheit des Kantonsrats unterstützen die Änderung des Sozialgesetzes. Sicherheitsdirektor Mario Fehr (SP) bezeichnet die Regelung als "verhältnismässig". Zudem gebe es momentan keine Alternative.
Sagt das Volk Nein, gibt es gemäss Fehr bis zum Ende der Legislatur im Jahr 2023 keinen neuen Anlauf. Mindestens so lange müssten jene Gemeinden, die Sozialdetektive einsetzen wollen, dies also auf eigene Faust machen, ohne gesetzliche Grundlage.
Würden sich Sozialhilfebezüger und -bezügerinnen dann gerichtlich gegen die Überwachung wehren, ist so gut wie sicher, dass sie Recht erhalten. Für die betroffene Gemeinde würde das dann das Ende all ihrer Sozialdetektiv-Einsätze bedeuten.
Migrationshintergrund nennen oder nicht?
Bei der zweiten Vorlage müssen die Zürcherinnen und Zürcher entscheiden, ob die Polizei in Medienmitteilungen die Nationalitäten von Verdächtigen nennen soll oder nicht.
Die SVP will mit ihrer Volksinitiative «Bei Polizeimeldungen sind die Nationalitäten anzugeben» einen «weltfremden Entscheid» der Stadt Zürich rückgängig machen. Diese nennt seit zwei Jahren keine Nationalitäten mehr. Diese werden nur noch auf Nachfrage der Medien bekannt gegeben. Für die SVP «linker Gugus». Damit solle nur die Ausländerkriminalität verheimlicht werden.
Sagt das Volk Ja zur SVP-Initiative, müsste die Zürcher Stadtpolizei ihre Praxis wieder ändern. Die Kantonspolizei Zürich nennt die Nationalitäten ohnehin schon.
Die SVP geht in ihrer Initiative aber noch weiter: Sie fordert nicht nur die Nennung der Nationalität sondern auch eines allfälligen Migrationshintergrundes. Dies ging einer Mehrheit des Kantonsrats dann doch zu weit, weshalb diese einen Gegenvorschlag ausarbeitete. Dieser beinhaltet zwar ebenfalls die Nationalitäten-Nennung. Der Migrationshintergrund soll aber weggelassen werden.
Änderung der Kantonsverfassung
Weiter stimmt der Kanton Zürich auch über die Änderung der Kantonsverfassung ab. Neu sollen Bürgerinnen und Bürger bereits bei einer von der Regierung beschlossenen gebundenen Ausgabe von 4 Millionen Franken das Referendum ergreifen können. Bei wiederkehrenden Ausgaben soll diese Limite neu bei 400'000 Franken liegen. Bisher war es erst bei 6 Millionen, respektive bei 600'000 Franken möglich, sich zu wehren.
Auslöser für diese Änderung war ein Streit um Ausgaben für das elektronische Patientendossier. Kantonsratsmitglieder warfen dem Regierungsrat vor, im Alleingang Beträge gesprochen zu haben. Die Änderung ist bei den Parteien weitgehend unbestritten. Nur Grüne und EVP empfehlen ein Nein, weil gar kein Missstand vorliege. Der Regierungsrat ist nicht begeistert, wehrt sich aber nicht dagegen. Abgestimmt wird nur deshalb, weil bei Verfassungsänderungen immer das Volk das letzte Wort hat.