«Die FDP gefährdet mit der dritten Kandidatur ihre Bisherigen»
Die FDP setzt auf Sonja Rueff-Frenkel, um bei den Erneuerungswahlen im Februar 2022 einen dritten Zürcher Stadtratssitz zu erobern. Die Freisinnigen haben die Kantonsrätin am Donnerstagabend offiziell nominiert. In der internen Ausmarchung setzte sich Rueff mit 57 zu 37 Stimmen gegen Gemeinderätin Yasmine Bourgeois durch. Die Rechtsanwältin hatte in ihrer Wahlkampfrede betont, dass sie gern, gut und beharrlich verhandle, was bei einer Wahl in den mehrheitlich rot-grünen Stadtrat nötig sei.
Delegierte attestierten der 48-jährigen Sonja Rueff-Frenkel, dass sie gut vernetzt sei, gute Lösungen über ihr Ego stelle und damit über die Parteigrenzen hinaus Stimmen holen könne.
«Die Chancen sind intakt», sagt der Parteipräsident der FDP Zürich, Severin Pflüger. «Der Zürcher Stadtrat ist mit sechs links-grünen Sitzen aus dem Gleichgewicht geraten.» Mit Rueff-Frenkel will die Partei den Stadtrat wieder «ins Lot bringen».
Wie die Parteileitung und ein Politexperte die Chancen einschätzen, im Beitrag von RADIO TOP:
Eine gefährliche Kandidatur
Laut Politexperte Anton Schaller gefährdet die FDP die Kandidatur der beiden bisherigen FDP Stadträten. Denn sowohl die Kandidatur von Filippo Leutenegger als auch Michael Baumer stehe auf wackligen Füssen, so Schaller.
Hinzu kommt, dass sich die Delegierten mit Rueff-Frenkel für eine sozial-liberale Kandidatin entschieden hat. «Die Partei versucht so vermutlich, Stimmen aus der Mitte zu holen.» Auch dies ist laut Schaller ein riskantes Vorhaben: «Die Stadtzürcher Bevölkerung entscheidet sich vermutlich eher für die Originale in der Mitte» - als für eine mitte-orientierte FDP-Kandidatin.
FDP hält an ihren Rennpferden fest
Die beiden bisherigen FDP-Stadträte wurden im Rahmen der Online-Versammlung gemeinsam nominiert: Michael Baumer, der Vorsteher des Departements Industrielle Betriebe, und Filippo Leutenegger, Vorsteher des Schul- und Sportdepartements, streben eine weitere Amtszeit an.
Die beiden hätten einen tadellosen Job gemacht, hielt Parteipräsident Silvan Pflüger am Donnerstagabend fest. Zwei so tolle Pferde lasse man im Rennen. Die Delegierten sahen es ähnlich – es gab nur eine Gegenstimme.
Viele Kandidaten, ein freier Sitz
Auch die bisherigen Stadträte Andreas Hauri (GLP), Daniel Leupi und Karin Rykart (Grüne), Raphael Golta und André Odermatt (SP), sowie SP-Stadtpräsidentin Corine Mauch treten alle zur Wiederwahl an. Auf eine neue Amtszeit verzichtet hingegen Richard Wolff (AL).
Die Grünen haben bereits angekündigt, dass sie einen dritten Sitz anstreben. Auch die SP will den freiwerdenden Sitz angreifen.
Die FDP ist die erste Partei, die ihre Kandidierenden offiziell nominiert hat. Es ist aber dennoch bereits absehbar, dass ein grosses Bewerberfeld in den Wahlkampf steigen wird: Auch SP, Grüne und GLP streben wie die Freisinnigen einen Sitzgewinn an - oder liebäugeln zumindest mit einer zusätzlichen Kandidatur. Die AL wird versuchen, ihren Sitz zu halten.
Im Weiteren dürfte auch die seit 1990 nicht in der Regierung vertretene SVP einen Bewerber nominieren. CVP und EVP könnten ebenfalls auf eine Kandidatur setzen. Die meisten Parteien wollen noch vor den Sommerferien einen definitiven Entscheid fällen. Der erste Wahlgang findet am 13. Februar 2022 statt.