Beschuldigter bestreitet Kindstötung in Winterthur
Die Mutter sei mit dem Kind öfters überfordert gewesen, sagte der Beschuldigte, der nicht der Vater des Buben war. Gesehen habe er aber nie, dass sie ihren Sohn misshandelt habe. Er selber musste im Zeitraum der schweren Verletzungen im Frühling 2021 öfter auf das Kind aufpassen. Dies, weil die Mutter am Abend jeweils in den Stadtpark gegangen war, um Marihuana zu verkaufen.
Der Richter las Sprachnachrichten vor, in denen der 28-Jährige sich über den quengelnden Buben beschwert hatte. Angetan habe er ihm nie etwas, beteuerte der Beschuldigte jedoch. «Es ist einfach komplett tragisch, was passiert ist», sagte er am Schluss.
Kind starb an Schädel-Hirn-Trauma
Das Kind starb nach einem Schädel-Hirn-Trauma, ausgelöst durch starkes Schütteln. Auch ein Brustwirbelkörper war Tage vor der Tat gebrochen. Es muss geschüttelt oder wild geschwungen worden sein, hielt der Richter dem Beschuldigten vor. «Ich konnte mich damals wegen eines Bandscheibenvorfalls kaum bewegen», antwortete der arbeitslose Handwerker. Er habe das Kind gar nicht misshandeln können.
Auch Vorwürfe, er sei gegenüber seinen leiblichen Kindern gewalttätig geworden, wies der Beschuldigte einsilbig zurück. Höchstens einen Klaps auf den Po habe er ihnen gegeben. Der 28-Jährige, der zurzeit von Sozialhilfe lebt, räumte jedoch ein, eine «andere Seite» zu haben. Er könne aufbrausend sein. Er lebt bei den Eltern, die beiden Kinder aus früheren Beziehungen darf er noch sehen.
Besonders skrupellos
Der Staatsanwalt schätzte die Kindstötung als besonders skrupellos ein. Der 28-Jährige habe ein hilfloses Kind gequält und langsam sterben lassen.
Für Mord, aber auch diverse Körperverletzungen und Marihuanahandel soll der Mann 15 Jahre ins Gefängnis, sagte der Staatsanwalt. Die Verletzungen des Kindes seien immer dann aufgetreten, wenn der Mann das 20 Monate alte Kind gehütet habe.
Das Kind war ihm lästig
Der 28-Jährige sei frustriert gewesen, weil seine Freundin ohne ihn feiern ging und er das Kind betreuen musste. Den Frust habe er an ihrem Sohn abgelassen. Dabei sei es zu «massiver Gewalteinwirkung» durch Schütteln oder Herumschleudern gekommen.
Zu Beginn musste auch die Mutter in Untersuchungshaft. Das Verfahren gegen sie ist aber sistiert, wie der Staatsanwalt weiter sagte. Ob es wieder aufgenommen wird, hängt vom Verfahren gegen den Ex-Freund ab.
Der Staatsanwalt liess aber keinen daran Zweifel aufkommen, wen er für den Täter hält. Als Motiv nannte er, dass dem Beschuldigten das Kind lästig gewesen sei.
Nach Verbüssung der Freiheitsstrafe soll der Deutsche für 15 Jahre des Landes verwiesen werden. «Wenn wir die Höchstdauer nicht in solchen Fällen aussprechen, wann dann?», fragte der Staatsanwalt. Der Mann sei schlecht integriert und könne ohne Probleme nach Deutschland zurück.
Freispruch vom Mordvorwurf
Der Verteidiger verlangte einen Freispruch von der Kindstötung. Sämtliche Handlungen zum Nachteil des Kleinkindes könnten seinem Mandanten nicht angelastet werden. Infrage kämen auch die Mutter oder die Kita, in der das Kind drei Tage pro Woche verbracht hatte, sagte der Verteidiger.
Als Beweis nannte er etliche Whatsapp-Chats, die zeigten, dass die Mutter an den Daten der Vorfälle ebenfalls mehrfach allein mit dem Buben war.
Dass der Staatsanwalt seinen Mandanten als Schuldigen sehe, liege daran, dass er nicht beide habe anklagen können. Aber bloss weil der 28-Jährige der wahrscheinlichere Täter sei, könne er nicht verurteilt werden. Der 28-Jährige solle nur wegen Marihuana-Handels verurteilt werden. Der Verteidiger forderte dafür eine bedingte Geldstrafe von 30 mal 90 Franken.
Das Urteil wird am 22. September eröffnet.