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Angstkultur und fehlende Führung: Aufsichtskommission kritisiert Unispital Zürich

Die Aufsichtskommission für Bildung und Gesundheit (ABG) des Kantonsrates schlägt nach den Skandalen weitreichende Änderungen beim Universitätsspital Zürich (USZ) und der Universität Zürich (UZH) vor. So soll es etwa keine Doppelanstellungen an beiden Institutionen mehr geben.

04.03.2021 / 14:00 / von: mle/sda
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Die Aufsichtskommission für Bildung und Gesundheit des Kantonsrates schlägt weitreichende Änderungen unter anderem beim Universitätsspital Zürich vor. (Archivbild: KEYSTONE/CHRISTIAN BEUTLER)

Die Aufsichtskommission für Bildung und Gesundheit des Kantonsrates schlägt weitreichende Änderungen unter anderem beim Universitätsspital Zürich vor. (Archivbild: KEYSTONE/CHRISTIAN BEUTLER)

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Nachdem im Frühling 2020 verschiedene Medien über angebliche Missstände an den Kliniken für Gynäkologie, für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie sowie Herzchirurgie berichtet hatten, setzte die Aufsichtskommission für Bildung und Gesundheit (ABG) im Juni 2020 eine Subkommission zur Untersuchung von besonderen Vorkommnissen ein.

Die Subkommission unter dem Präsidium von FDP-Kantonsrätin Arianne Moser sollte allfälligen gesetzgeberischen Handlungsbedarf feststellen und organisatorische Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigen bezüglich Qualitätssicherung am USZ und der Verbesserung der Schnittstellen USZ intern sowie zur Universität Zürich (UZH) zum Thema der Doppelanstellungen.

Zudem sollte sie den Umgang mit Interessenbindungen, Nebenbeschäftigungen und Beteiligungen sowie das Thema Whistleblowing kritisch betrachten.

Nach umfangreichen Untersuchungen durch eine Subkommission gibt die ABG dem USZ, der UZH sowie dem Regierungsrat und dem Kantonsrat insgesamt 74 Empfehlungen ab, wie die ABG am Donnerstag mitteilte.

Weitreichende Veränderungen

Die Leitungsgremien des USZ sollen gestärkt, die finanziellen Anreizsysteme optimiert und die Interessenbindungen transparent gemacht werden, heisst es. Zudem sollen Doppelanstellungen am USZ und der UZH abgeschafft werden. Dem USZ soll mehr Mitsprache bei der Besetzung der klinischen Lehrstühle an der Universität eingeräumt werden. Ein Unternehmenskulturwandel ist einzuleiten und die Aufsicht durch Regierungsrat und Kantonsrat soll verstärkt werden.

Die Kommission kritisiert unter anderem Mängel in der Organisation und Führung. Es sei teilweise nicht klar, wer wem unter- oder überstellt sei. So sei beispielsweise der ärztliche Direktor auch Mitglied der Spitaldirektion und Institutsleiter.

Zudem habe der für strategische Fragen und die Aufsicht zuständige Spitalrat teilweise in das operative Geschäft eingegriffen, was seine Funktion als Rekursinstanz für Entscheide der Spitaldirektion beeinträchtigt habe.

Verbreitete Angstkultur

Wie die ABG weiter schreibt, konnten sich Gewisse Vorkommnisse entwickeln und lange bestehen bleiben, weil «am USZ die Vertrauensbasis für eine offene Fehlerkultur, aus der Lehren für Verbesserungen gezogen werden können, fehlt». Wegen der starken Hierarchien in den Kliniken und der Machtfülle, die einige Klinikdirektoren ausnutzen würden, herrsche speziell beim medizinischen Personal eine eigentliche Angstkultur. Ein umfassender Kulturwandel hin zu einer positiven Feedback-Kultur werde empfohlen.

Selbstkritisch sei festzuhalten, dass viele Schwachpunkte und Probleme, die im Bericht der Subkommission dargelegt werden, Regierungsrat und Kantonsrat seit Jahren bekannt waren, doch sei nicht unternommen worden.

Die Subkommission empfehle deshalb, dass der Regierungsrat für die Koordination und Umsetzung der zahlreichen Empfehlungen eine Begleitgruppe einsetzen soll. 

Probleme an mehreren Kliniken

Die Kommission hat das USZ unter die Lupe genommen, nachdem im Frühling 2020 Missstände an mehreren Kliniken des USZ bekannt geworden waren. Am meisten Aufmerksamkeit erregten Vorgänge an der Klinik für Herzchirurgie unter ihrem damaligen Leiter Franceso Maisano.

Ihm wurde unter anderem vorgeworfen, an einer Firma beteiligt gewesen zu sein, deren Produkte er bei Behandlungen verwendete. Die Interessenbindung sei jedoch nicht sauber deklariert worden.

Das Arbeitsverhältnis zwischen Maisano und dem USZ wurde mittlerweile im gegenseitigem Einvernehmen aufgelöst.

Ebenfalls untersucht wurden Vorgänge an der Klinik für Gynäkologie sowie an der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Der ehemalige Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie soll sich Patienten an seine Privatklinik überwiesen und diese mit Ressourcen des USZ behandelt haben, ohne dies korrekt abzugelten.

Gesundheitsdirektion Natalie Rickli hat bereits 2020 ein externes Gutachten in Auftrag gegeben. Es enthielt 29 Empfehlungen.

Im Interview mit TELE TOP spricht FDP-Kantonsrätin Arianne Moser über den Bericht der Aufsichtskommission:

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