Bundesgericht lässt Strafverfahren gegen Zürcher Notar zu
Der Amtsnotar hatte 2019 als Erbenvertreter die Betreuung eines Nachlasses übernehmen müssen, wie aus dem am Freitag veröffentlichten Urteil des Bundesgerichts zu entnehmen ist.
Er habe dabei seine Arbeit schlecht gemacht, kritisierte eine Erbin. So habe er eine Liegenschaft nicht vermietet, bei einer anderen habe er den Unterhalt vernachlässigt, damit sei ihr Erbe geschädigt worden und nun weniger wert.
Pflichtverletzungen festgestellt
Die Frau reichte schon 2019 eine erste Aufsichtsbeschwerde gegen die Amtsführung des Notars ein. Diese blieb vor Bezirks-, Ober- und Bundesgericht erfolglos. Eine zweite Beschwerde im Jahr 2021 hiess das Bezirksgericht dann teilweise gut und erteilte dem Notar wegen Pflichtverletzungen Weisungen für die weitere Führung des Mandats.
Ende 2021 erstattete die Frau schliesslich eine Strafanzeige wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung. Die Staatsanwaltschaft kann im Kanton Zürich aber nicht einfach ein Verfahren gegen einen Notar einleiten. Sie ist - wie bei anderen Verfahren gegen Behördenmitglieder oder Beamte - auf eine Erlaubnis des Obergerichts angewiesen.
Das Obergericht sah im vorliegenden Fall von einer solchen Ermächtigung ab: Es lasse sich kein Anfangsverdacht für ein strafbares Verhalten herleiten. Bei den festgestellten Pflichtverletzungen sei von fahrlässigen Versäumnissen des Notars auszugehen, die auf dessen hohe Arbeitslast zurückzuführen seien.
Schädigung allenfalls in Kauf genommen
Für das Bundesgericht greift diese Begründung aber zu kurz: Bei der zweiten Aufsichtsbeschwerde sei festgestellt worden, dass der Notar den Nachlass verspätet inventarisiert, eine Liegenschaft nicht vermietet und die Rückforderung der Verrechnungssteuer versäumt habe.
Angesichts dieser Pflichtverletzungen könnte der Notar eine Schädigung des ihm zur Verwaltung anvertrauten Vermögens in Kauf genommen haben, schreibt das Bundesgericht. Damit könne nicht auf dessen offensichtliche Straflosigkeit geschlossen werden.
Das Bundesgericht ermächtigt deshalb die Staatsanwaltschaft, nun doch noch ein Strafverfahren gegen den Notar zu eröffnen. Diese wird den Fall prüfen und dann über Anklageerhebung oder Einstellung des Verfahrens entscheiden.
Braucht es eine Ermächtigung?
Das Bundesgericht wirft in seinem Urteil noch die Frage auf, ob die Staatsanwaltschaft nicht auch von sich aus hätte tätig werden dürfen. Denn mit dem Vorbehalt, dass sie für eine Untersuchung eine Ermächtigung brauche, sollen insbesondere Behördenmitglieder und Beamte vor willkürlichen Anzeigen geschützt und damit der reibungslose Betrieb der staatlichen Organe sichergestellt werden.
Vorliegend habe der Amtsnotar als Erbenvertreter aber ein privatrechtliches Amt ausgeübt, hält das Bundesgericht fest. Ob dies dem guten Funktionieren staatlicher Ausgabenerfüllung diene, sei zumindest fraglich.
Allerdings habe die Erbin diesbezüglich keine Rechtsverletzung geltend gemacht, und mit Blick auf den Ausgang des Verfahrens brauche diese Frage hier auch nicht vertieft zu werden, hält das Bundesgericht fest.