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Nach hitziger Debatte: Pilotprojekt «Wirtschaftliche Basishilfe» vom Zürcher Gemeinderat genehmigt

Das Pilotprojekt «Wirtschaftliche Basishilfe» des Zürcher Stadtrates wird von der links-grünen Mehrheit des Gemeinderates mitgetragen: Sie hat am Mittwochabend zwei Millionen Franken genehmigt und einen noch grösseren Versuchsballon verlangt.

14.07.2021 / 20:05 / von: lpe/sda
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In der Stadt Zürich startet das Pilotprojekt «Wirtschaftliche Basishilfe» für diejenigen, die durch das Netz der Sozialhilfe fallen. (Symbolbild: KEYSTONE/CHRISTIAN BEUTLER)

In der Stadt Zürich startet das Pilotprojekt «Wirtschaftliche Basishilfe» für diejenigen, die durch das Netz der Sozialhilfe fallen. (Symbolbild: KEYSTONE/CHRISTIAN BEUTLER)

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Mit dem Projekt will die Stadt Personen finanziell unterstützen, die keinen Zugang zur Sozialhilfe haben; so etwa Sans-Papiers und Sexarbeitende, denen beim Gang aufs Sozialamt die Ausweisung droht.

Bürgerliche befürchten Sogwirkung

Die bürgerlichen Parteien sprachen sich gegen das Pilotprojekt aus. Beiträge ausserhalb der Sozialhilfe seien nicht gerechtfertigt, hielt Susanne Brunner (SVP) fest. Es werde ohne Rechtsgrundlage Geld an illegal anwesende Personen verteilt. Die Stadt Zürich drohe so zum Mekka für Sans-Papiers zu werden. Es sei unklar, wie der Stadtrat diese Sogwirkung unterbinden wolle.

Die FDP bezeichnete das Pilotprojekt als "plumpen Wahlkampf"; der Stadtrat sei vorgeprescht, ohne die zuständige Kommission zu informieren, kritisierte Alexander Brunner. Es sei unklar, worum es gehe, es seien viele Fragen offen - etwa bezüglich Kontrolle und Anspruchsberechtigte.

Mit dem vorliegenden Antrag werde für die bereits bestehende Parallelgesellschaft der Sans-Papiers eine Art Parallelsozialhilfe geschaffen, brachte Markus Baumann (GLP) vor. Derartige Hilfe müsste über die ordentliche Sozialhilfe erfolgen.

Linke wollen «reales Problem» angehen

Die Mehrheit stellte sich hingegen hinter das Pilotprojekt. Es gebe eine grosse Gruppe, die Unterstützung benötige, hielt etwa Walter Angst (AL) fest. «Es handelt sich um Sans-Papiers, um Sexarbeitende - um Personen, die seit Jahren in der Schweizer arbeiten und nicht unter die Räder kommen sollten.»

In der Coronakrise seien «die ohnehin schon Schwächsten mit brutalster Härte getroffen worden», ergänzte Alan David Sangines (SP). Er verwies auf die langen Warteschlangen, die sich vor den Essensausgaben gebildet hätten - und dies mitten im reichen Zürich.

«Wir sind mit einem realen Problem konfrontiert», hielt auch der zuständige Stadtrat Raphael Golta (SP) fest. Menschen, die Zugang zur Sozialhilfe hätten, würden zwar nicht im Luxus leben, aber sie werden in einem Netz aufgefangen. «Dieses Netz fehlt den Menschen, den wir mit diesem Projekt helfen wollen.»

Dass noch Fragen offen seien, ist für Golta selbstverständlich. Es handle sich um ein "akutes Problem", das mit einer Behelfslösung angegangen werde. «Abschliessende Antworten haben wir noch nicht.» Deshalb werde jetzt ein Pilotprojekt gestartet.

Bereits wird ein Ausbau gefordert

Wenn es nach dem Willen der Ratsmehrheit geht, soll es nicht bei den zwei Millionen Franken bleiben: Am Mittwochabend überwies der Gemeinderat mit 65 zu 53 Stimmen auch ein Postulat der Fraktionen von AL, Grünen und SP. Der Stadtrat wird mit diesem Vorstoss dazu aufgefordert, dem Gemeinderat so rasch als möglich eine Vorlage vorzulegen, die «eine Aufstockung des Pilotprojekts» enthält.

Es erscheine ungewiss, wie lange die zwei Millionen Franken ausreichen werden, begründeten die Postulanten. «Es darf aber nicht sein, dass Menschen in Not plötzlich ohne Unterstützung allein gelassen werden.»

Die Basishilfe soll nicht bloss ein Tropfen auf einen heissen Stein sein, meinte Felix Moser (Grüne). Sie soll auf solide, langfristige Basis gestellt werden, «damit allen Menschen in Not rasch und unbürokratisch geholfen werden kann», sagte Florian Utz (SP).

Überbrückung in Notsituationen

Die Basishilfe soll gemäss Stadtrat Personen offen stehen, die mindestens fünf Jahre in der Schweiz leben, davon mindestens zwei Jahre in der Stadt Zürich. Sie orientiert sich in ihrer Höhe an der Asylfürsorge und liegt damit tiefer als die Sozialhilfe. Das Geld ist zur Überbrückung in Notsituationen gedacht und soll nicht länger als sechs Monate bezogen werden.

Die Auszahlung erfolgt über die Caritas Zürich, das Schweizerische Rote Kreuz, die Sans-Papiers Anlaufstelle Zürich und Solidara Zürich. Mit den Organisationen schliesst das Sozialdepartement entsprechende Leistungsvereinbarungen.

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