Pull down to refresh...
zurück

Klima-Prozess in Zürich: «Anketten bringt dem Klima nichts»

Beim Prozess gegen neun Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten in Zürich haben am Mittwochvormittag die meisten Beschuldigten die Aussage verweigert. Sie stehen vor Gericht, weil sie bei einer Sitzblockade vor der Credit Suisse am Paradeplatz teilnahmen.

12.05.2021 / 17:44 / von: sda/mma/kpa
Seite drucken Kommentare
0
Mit einer Sitzblockade forderten Klima-Aktivisten im Juli 2019, dass die Grossbanken aus klimaschädlichen Aktivitäten aussteigen. (Archivbild: KEYSTONE/ENNIO LEANZA)

Mit einer Sitzblockade forderten Klima-Aktivisten im Juli 2019, dass die Grossbanken aus klimaschädlichen Aktivitäten aussteigen. (Archivbild: KEYSTONE/ENNIO LEANZA)

0
Schreiben Sie einen Kommentar

Der Staatsanwalt äusserte beim Zürcher Klima-Prozess im Volkshaus ein gewisses Verständnis für die neun beschuldigten Aktivistinnen und Aktivisten. Sich vor der Credit Suisse am Paradeplatz anzuketten, bringe dem Klima aber nichts.

Er verstehe die jugendliche Empörung über den Klimawandel, sagte der Staatsanwalt. Sein Verständnis höre aber dort auf, wo Gesetzesverstösse begangen würden.

«Sie könnten sich ja in den politischen Prozess einbringen. Aber Sie spielen lieber einen Vormittag lang Theater», sagte er zu den Aktivistinnen und Aktivisten. Es bringe dem Klima nichts, wenn sich ein paar junge Leute vor der Credit Suisse anketten würden.

Er fordert wegen Nötigung und in acht der neun Fälle auch wegen Hausfriedensbruchs bedingte Geldstrafen in der Höhe von 90 Tagessätzen zu je 30 Franken. Dazu solle eine Busse von 500 Franken kommen. Das Verschulden der Demonstranten wiege «nicht leicht». Nur schon, weil die Stadtpolizei Zürich immense Kosten gehabt habe.

Die Aktivistinnen und Aktivisten verweigerten am Vormittag grösstenteils die Aussage. Nur zwei von ihnen waren bereit, einige wenige Angaben zu machen. Ja, sie sei vor dem CS-Gebäude gewesen, sagte eine gelernte Uhrmacherin aus der Westschweiz.

Die Aktion sei aber symbolisch gewesen und habe nicht gegen Gesetze verstossen. Wer die Aktion vor dem CS-Gebäude organisiert hatte, wollte sie jedoch nicht sagen. Auch ein Aktivist, ebenfalls aus der Westschweiz, gab zu, vor dem CS-Gebäude gewesen zu sein. Die Aktion sei aber nicht illegal gewesen. In dieser Zeit habe ohnehin niemand in die Bank gewollt. Mehr wollte er zur Sitzblockade nicht sagen.

Im Interview mit TELE TOP sprechen die Verteidigerin der Klimaaktivisten und der Staatsanwalt:

video

Anwälte fordern Einstellung des Verfahrens

Die anderen Beschuldigten verweigerten die Aussagen komplett und verwiesen auf ihre Anwältinnen und Anwälte. Diese hatten zu Beginn des Prozesses gefordert, das ganze Verfahren gegen die neun Aktivistinnen und Aktivisten einzustellen.

Die Anklagen seien ungültig. Auf den Strafbefehlen habe das Strafmass noch bedingte Geldstrafen von 60 Tagessätzen betragen. Weil die Beschuldigten die Strafbefehle angefochten hätten, sei die geforderte Strafe nun erhöht worden, auf 90 Tagessätze. Es gebe jedoch keine neuen Erkenntnisse, die das rechtfertigen würden.

Das Gericht entschied noch nicht darüber, ob es das Verfahren einstellt. Dies wird erst bei der Urteilseröffnung bekannt gegeben, die am Freitag stattfinden dürfte. Für den restlichen Mittwoch sind die Plädoyers von Staatsanwalt und Anwälten eingeplant.

Fast zwei Tage in Haft

Die neun Aktivistinnen und Aktivisten, sieben davon aus der Westschweiz, waren im Juli 2019 Teil einer Sitzblockade vor dem Eingang der Credit Suisse am Paradeplatz. Damit protestierten sie gegen klimaschädliche Aktivitäten von Schweizer Grossbanken.

Sie blockierten den CS-Eingang mit Pflanzenkübeln und ineinander verkeilten Velos. Teilweise ketteten sie sich auch selber an. Die Polizei musste die Ketten mit einer Trennscheibe aufschneiden und die Aktivistinnen und Aktivisten wegtragen.

64 Personen wurden damals verhaftet. Teilweise sassen die jungen Aktivistinnen und Aktivisten bis zu zwei Tage in Haft, bis ihnen ein Strafbefehl ausgehändigt wurde. Ihre Anwälte halten diesen Freiheitsentzug für nicht verhältnismässig.

Der Staatsanwaltschaft begründete die Haft damit, dass eine schnellere Abwicklung bei so vielen Verhaftungen nicht möglich gewesen sei. Von den 64 Verhafteten hatten schliesslich 51 ein strafrechtliches Verfahren am Hals. 42 Aktivisten akzeptierten ihren Strafbefehl, mussten am Mittwoch also nicht beim Massen-Prozess im Zürcher Volkshaus erscheinen. Sie sind dafür nun vorbestraft.

Das Urteil gegen die neun Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten in Zürich wird am Freitag um 14 Uhr bekannt gegeben. Es wird entscheiden müssen, ob die Klimakrise tatsächlich solche Aktionen rechtfertigt. In einem Fall aus Genf sprach das Kantonsgericht einen Aktivisten frei, der ein Gebäude der Credit Suisse mit roter Farbe beschmiert hatte. Das dortige Gericht sah den Notstand angesichts der Klimakrise als erfüllt an.

Beitrag erfassen

Keine Kommentare