Zürcher Bezirksgericht spricht Ballettlehrer frei
Ihr so genanntes «Nachtat-Verhalten» wurde der Tänzerin bei diesem Vergewaltigungsprozess zum Verhängnis: «Sie funktionierte weiter, als wäre nichts geschehen. So schaffte sie es lange Zeit, nicht zusammenzubrechen», fasste ihre Anwältin das Verhalten zusammen.
Der Missbrauch der Tänzerin fand gemäss Anklage im Oktober 2021 in einer Villa in der Toskana statt. Dort führte der Beschuldigte als einziger Mann ein Trainingslager mit zwölf Frauen durch.
Das mutmassliche Opfer habe sich geschämt und den Fehler erst bei sich selber gesucht. Erst acht Monate später erstattete die Tänzerin Anzeige. Dies alles führte nun zu einem Freispruch für den Tanzlehrer und Choreografen.
Auf Partyfotos eng umschlungen
Das Gericht stufte die Aussagen der Tänzerin zwar als «sehr nachvollziehbar und authentisch» ein. Es sei auch glaubhaft, dass sie nicht habe flüchten können und wie erstarrt gewesen sei.
Dennoch kamen beim Gericht Zweifel daran auf, dass sich die Vergewaltigung im Trainingslager wirklich so abspielte wie angeklagt. So gibt es etwa Partyfotos, die in den Tagen nach der mutmasslichen Vergewaltigung geschossen wurden. Darauf stellt die Ballett-Trainingsgruppe eine Sexorgie nach, Lehrer und Klägerin sind dabei eng umschlungen.
Dazu kommen nette Whatsapp-Nachrichten an ihren mutmasslichen Peiniger und die Ankündigung, gerne wieder ein Trainingslager zu besuchen. Zudem besuchte die Klägerin weiter seine Ballettstunden. «Das bedeutet nicht, dass sie gelogen hat», betonte die Richterin. «Aber es macht stutzig.» Dies genügt in einem Fall ohne objektive Beweise für einen Freispruch.
Staatsanwältin forderte 15 Monate bedingt
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwältin, die 15 Monate bedingte Freiheitsstrafe gefordert hatte, kann den Fall noch weiterziehen. Es gebe keinen Zweifel an den Aussagen der Klägerin, sagte sie in ihrem Plädoyer. Die Frau ziehe keinerlei Vorteil daraus, ihren Ballettlehrer grundlos zu beschuldigen.
Dieser Mann gefalle sich in seiner Rolle als Casanova und Frauenversteher. Als Tanzlehrer habe er eine besondere Rolle innegehabt. «Dabei wollte er aber auch auf seine Kosten kommen.»
Der Tänzer mit langjährigen Engagements im In- und Ausland beteuerte, dass der Sex einvernehmlich gewesen sei. Die Klägerin habe schon länger den Kontakt zu ihm gesucht. Es komme häufiger vor, dass Frauen Interesse an ihm hätten. «Wenn eine Frau nicht will, mache ich aber keinen Druck. Es gibt andere.»
Ein Setting wie für eine «Bachelor»-Folge
Dass die Frau bei der Einvernahme echte Tränen vergossen hatte, glaubte der Tänzer nicht. Das sei alles gespielt gewesen. «Frauen können das gut, wie auf Knopfdruck.»
Sein Anwalt räumte ein, dass das Setting wirken müsse wie eine «Bachelor»-Folge im Fernsehen. Ein Mann allein mit zwölf Frauen in einer Villa sei natürlich klischeehaft, sagte er. Die Teilnehmerinnen hätten seinen Mandanten aber immer als sehr professionell beschrieben. Diese Lager gebe es seit Jahren.