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Zürcher Obergericht muss Verwahrung von Vergewaltiger erneut prüfen

Das Zürcher Obergericht muss sich ein zweites Mal mit der Verwahrung eines Vergewaltigers beschäftigen. Das Bundesgericht hat eine Beschwerde des Mannes gutgeheissen. Ein weiteres Gutachten ist erforderlich.

04.12.2020 / 12:15 / von: sda/asl
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Das Zürcher Obergericht muss sich erneut mit diesem Fall beschäftigen. (Bild: KEYSTONE/ENNIO LEANZA)

Das Zürcher Obergericht muss sich erneut mit diesem Fall beschäftigen. (Bild: KEYSTONE/ENNIO LEANZA)

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Der Fall hat eine lange Vorgeschichte. Im Jahr 2011 hatte der Mann eine damals 23-jährige Frau bei der Sportanlage Moos in Affoltern am Albis missbraucht. Das dortige Bezirksgericht verurteilte den Familienvater 2014 wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von 9 Jahren.

Zudem ordnete es eine ordentliche Verwahrung an, weil der Gutachter davon ausging, dass der Mann weitere schwere Delikte begehen würde. Er hatte bereits im Alter von 17 Jahren die Mutter seiner damaligen Freundin mit Messerstichen in den Hals getötet. Diese Tat fiel allerdings noch unter das Jugendstrafrecht und hätte als gelöscht betrachtet werden müssen.

Verwahrung aufgrund von Ausnahmeregelung

Der Fall ging vors Zürcher Obergericht und dieses entschied, dass die Verwahrung aufgehoben werden müsse. Die Oberstaatsanwaltschaft wollte die Freilassung des Mannes jedoch verhindern und gelangte ans Bundesgericht. Dort verlangte sie, dass in diesem Fall ausnahmsweise auch die Jugendstrafe zähle. Die Staatsanwaltschaft erhielt Recht. Die Lausanner Richter schickten den Fall zurück ans Obergericht.

Dieses sprach nun in diesem Jahr im zweiten Anlauf eine Verwahrung aus. Der Mann sei wegen seiner schweren dissozialen Persönlichkeitsstörung nach wie vor gefährlich, so das Urteil. Gemäss einem neuen Gutachten aus dem Jahr 2018 und einer Ergänzung von 2020 besteht nach wie vor eine grosse Rückfallgefahr für Gewalt- und Sexualstraftaten. Eine «Massnahmefähigkeit» fehle. Der Mann sei also nicht therapierbar. Die Verwahrung aufgrund einer Ausnahmeregelung wollte der Mann nicht akzeptieren und reichte Rekurs beim Bundesgericht ein, das sich nun zum zweiten Mal mit dem Fall beschäftigte.

Nur ein Gutachten berücksichtigt

Das Bundesgericht kritisiert nun, dass sich die Vorinstanz nur auf das aktuelle Gutachten stützte und nicht auf ein Gutachten aus dem Jahr 2012. Die Gründe dafür lege die Vorinstanz nicht dar.

Die beiden Sachverständigen kommen zu einer unterschiedlichen Einschätzung im Zusammenhang mit der psychischen Störung des Mannes. Sie attestieren ihm zwar beide eine dissoziale Persönlichkeitsstörung und ausgeprägte psychopathische Züge. Die Schwere der Störung beurteilen sie jedoch unterschiedlich. Das erste Gutachten bewertet diese als weniger gravierend als das zweite.

Die Vorinstanz hätte sich im Rahmen der Beweiswürdigung mit beiden Gutachten auseinandersetzen und begründen müssen, weshalb sie auf das eine oder andere abstellt, heisst es im aktuellen Urteil des Bundesgerichts.

Mangels entsprechender Ausführungen sei es dem Bundesgericht nicht möglich zu beurteilen, ob sich die Vorinstanz bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit von zutreffenden Überlegungen habe leiten lassen. Sie werde sich in ihrem neuen Urteil auch mit der Frage der Verhältnismässigkeit ausführlich auseinandersetzen müssen.

Nach dem Rückweisungsentscheid des Bundesgerichts wäre die Vorinstanz verpflichtet gewesen, zu der Frage, wie stark sich die aus dem Strafregister entfernten Vorstrafen auf die Prognose auswirken, die Meinung eines weiteren Sachverständigen einzuholen. Diese Frage beantwortet das Gutachten von 2018 nicht.

Nun muss das Obergericht diese Frage einem weiteren Sachverständigen, oder auch dem ersten, unterbreiten und gestützt auf dieses Ergänzungsgutachten neu über die Anordnung der Verwahrung befinden. Auch ein Obergutachten ist möglich.

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