Beschuldigte in Andelfingen will von Zwang nichts gewusst haben
Die TOP-Medien haben mit Valentin Landmann gesprochen:
Der 46-jährige Schweizer, der am Dienstag in Andelfingen wegen Ausbeutung von «Haussklavinnen» vor Gericht steht, ist grundsätzlich geständig. Seine dominanten Neigungen wolle er in Zukunft nicht mehr ausleben, versprach er. Jemanden zu fesseln und einzusperren sei ja nicht verboten. «Heute würde ich das aber nicht wieder tun», sagte er. Man sehe ja am vorliegenden Verfahren, dass zwei Seiten einen Vertrag unterschreiben könnten und eine Seite dann doch nicht mehr wolle.
Der Mann hatte zwei junge Ausländerinnen unter falschen Versprechungen rekrutiert und als «Haussklavinnen» ausgebeutet. Dabei sperrte er sie täglich in einen Käfig. Er ist unter anderem wegen Menschenhandels und Freiheitsberaubung angeklagt.
«Ich habe ihm vertraut»
Ebenfalls vor Gericht steht seine Ehefrau. Sie argumentierte, dass die Frauen nicht gesagt hätten, dass sie nicht eingesperrt und gefesselt werden wollten. Ausserdem will sie von der missbräuchlichen «Käfighaltung» der Hausangestellten nichts gewusst haben. «Ich dachte, das gehöre zur Ausbildung», sagte sie.
«Damals dachte ich wirklich, es sei alles in Ordnung», sagte die Frau bei der Befragung unter Tränen. Sie sei neu gewesen in der Schweiz und habe die Anstellungsbedingungen für Hauspersonal nicht gekannt. Ihr Mann habe ihr gesagt, dass die Käfighaltung Teil der Ausbildung gewesen sei. «Ich habe ihm vertraut.»
Allerdings musste sie einräumen, dass das Hauspersonal in ihrer Heimat auch nicht in Käfigen schlafen muss. «Ich habe sie aber nie weinen sehen», sagte sie weiter. Die Frauen hätten auch nicht um Hilfe gebeten. Wenn der «Hausherr» nicht da war, half die Ehefrau den jungen Hausangestellten, die Fesseln für die Nacht anzulegen.
Die Staatsanwaltschaft fordert eine Verurteilung der Frau wegen mehrfacher Gehilfenschaft zur Freiheitsberaubung. Sie soll mit einer bedingten Freiheitsstrafe von 10 Monaten bestraft werden. Dazu soll die Philippina für 5 Jahre des Landes verwiesen werden.
Ausgeprägte sadistische Neigung
Der Angeklagte aus der Region Winterthur hat ausgeprägte sadistische Neigungen und eine narzisstische Persönlichkeitsstörung. Der Psychiater bezeichnet die Rückfallgefahr für ähnliche Taten als «hoch». Seit 2019 ist der Beschuldigte nun schon in Therapie. Einvernehmliche Sado-Maso-Rollenspiele mit BDSM-Sklavinnen reichten ihm nicht - er wollte Frauen vollständig kontrollieren, fesseln und gegen ihren Willen in einem Käfig einschliessen. Dies geht aus der Anklageschrift hervor.
Indem er jungen Frauen aus dem Ausland eine Ausbildung und eine Aufenthaltsbewilligung versprach, konnte er einmal eine 22-jährige Philippina und einmal eine 30-jährige Brasilianerin in sein Haus locken. Seine Ehefrau, eine 32-jährige Philippina, half ihm dabei.
Die erste «Haussklavin» war die 22-Jährige. Sie war von Juli 2018 bis April 2019 im Haus eingeschlossen. Ihr machte der Beschuldigte gemäss Anklage vor, dass er ihr eine Aufenthaltsbewilligung organisiere. Sie könne zudem eine Ausbildung an der «International Maids School» machen. Dabei lerne sie viel über Gastronomie und Schweizer Geografie. Diese Schule existiert jedoch nicht.
Mit Hand- und Fussfesseln im Käfig
Statt einer Ausbildung und einer Bewilligung erhielt die Frau für lediglich 800 Franken Monatslohn einen durchgetakteten Zeitplan mit Hausarbeiten, sechs Tage die Woche und rund um die Uhr abrufbereit. In ihrer spärlichen «Freizeit» sperrte der Mann sie in einen fensterlosen Käfig, der lediglich zwei Quadratmeter Grundfläche hatte. Metallstäbe dienten als Türe. Eine Toilette gab es hier nicht, lediglich einen Eimer - und eine Überwachungskamera.
Er fesselte sie täglich, ausser an Ostern, Geburtstag und Neujahr. Zu den Hand- und Fussfellen musste sie auch ein Lederhalsband tragen, das mit den Fesseln verbunden war, so dass sie sich kaum mehr bewegen konnte. Er sagte ihr gemäss Anklage, das sei eine Vorgabe der Schule.
Er führte «Prüfungen» mit ihr durch
Er führte auch «Prüfungen» mit ihr durch. Schnitt sie schlecht ab, wurde sie bestraft, etwa mit Fesselungen oder dem Tragen von eng anliegenden Handschuhen. Machte sie etwas gut, wurde sie belohnt, mit Restaurantbesuchen oder einem Ausflug in den Zoo. Nach zehn Monaten konnte die junge Frau schliesslich flüchten.
Im Jahr 2019 rekrutierte der IT-Projektleiter erneut eine «Haussklavin», dieses Mal eine 30-jährige Brasilianerin, die in die Schweiz kam, um Deutsch zu lernen. Ihr versprach er gemäss Staatsanwaltschaft «Deutschunterricht auf höchstem Niveau».
Unter dem Tarnnamen «Gustav Wohlenweber» schickte er ihr Fotos vom schönen Einfamilienhaus mit Pool. Das Dasein als «Sklavin» dauerte für die 30-Jährige von Ende Juni bis Mitte Juli 2019, sie wurde schliesslich von der Polizei befreit. Die Philippina, die zuvor eingesperrt war, hatte Anzeige bei der Polizei eingereicht.
Grundsätzlich geständig
Der 46-Jährige ist unter anderem angeklagt wegen Menschenhandels und Freiheitsberaubung. Der Prozess wird im abgekürzten Verfahren durchgeführt, denn der Angeklagte gibt grundsätzlich alles zu. Die Anklage klinge aber arg zugespitzt. Lese man die Anklageschrift, klinge das wie Sodom und Gomorra, sagte er vor Gericht. Es gebe aber auch eine andere Seite. Die Frauen hätten Freizeit gehabt und eigene Kleider. «Wir lebten zusammen.»
Er gab zwar zu, dass es ihm um ein «nicht einvernehmliches Rollenspiel» gegangen sei. Aber von «Zwang» wolle er nicht reden. Er habe den Käfig sofort geöffnet, wenn die Frauen das verlangt hätten. Der Beschuldigte hat ausgeprägte sadistische Neigungen. Einvernehmliche Sado-Maso-Rollenspiele mit «Sklavinnen» reichten ihm nicht - er wollte Frauen kontrollieren und gegen ihren Willen in einem Käfig einschliessen. Dafür rekrutierte er unter falschen Versprechungen zwei Frauen aus dem Ausland.
Seine Argumentation ist, dass die Frauen dem «Setting» mit ihrer Vertragsunterzeichnung selber zugestimmt hätten.
Noch 4 Monate Gefängnis
Erhebt das Gericht den Vorschlag der Staatsanwaltschaft zum Urteil, erhält der Mann eine teilbedingte Freiheitsstrafe von 36 Monaten, wobei er jedoch nur 9 Monate absitzen soll. Weil «Gustav Wohlenweber» bereits fünf Monate in Untersuchungshaft sass, muss er voraussichtlich noch vier Monate hinter Gitter. Dazu kommt eine ambulante Therapie. Den beiden Opfern zahlte der «Hausherr» bereits insgesamt 16'000 Franken als Genugtuung.