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Kirchlicher Mitarbeiter schiebt Kindern teilweise Schuld an Missbrauch zu

Ein 54-jährige kirchliche Mitarbeiter, der sich am Donnerstag wegen Kindesmissbrauch vor dem Bezirksgericht Meilen ZH verantworten muss, hat in der Befragung einen Teil der Schuld auf die Knaben geschoben. Diese hätten die sexuellen Handlungen anfangs initiiert.

24.09.2020 / 13:16 / von: sda/ lpe
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Ein 54-jährige kirchliche Mitarbeiter, muss sich am Donnerstag wegen Kindesmissbrauch vor dem Bezirksgericht Meilen ZH verantworten. (Bild: Keystone/ Walter Bieri)

Ein 54-jährige kirchliche Mitarbeiter, muss sich am Donnerstag wegen Kindesmissbrauch vor dem Bezirksgericht Meilen ZH verantworten. (Bild: Keystone/ Walter Bieri)

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Sein erstes Opfer, einen Knaben aus einem Chor, habe er in der Kirche angesprochen, weil er bei diesem «künstlerische Fähigkeiten» erkannt habe. «Ich habe ihm gesagt, dass ich es toll fände, wenn er Theater spielen würde», sagte der Beschuldigte, der früher als Clown und soziokultureller Animator arbeitete.

Der 54-Jährige schaffte es, ein Vertrauensverhältnis zum Knaben und zur alleinerziehenden Mutter aufzubauen. Irgendwann ging er in deren Wohnung ein und aus, erteilte dem Knaben Nachhilfeunterricht und führte spielerische Ringkämpfe mit ihm aus.

Die ersten sexuellen Handlungen habe der Knabe initiiert, betonte der Beschuldigte beim Prozess in Meilen. Dass es weiterging, liege aber an ihm, was ihm sehr leid tue. Er habe den Kopf verloren.

Geprägt von der 68er-Generation

Der Mann, der gemäss Gutachten unter einer homosexuellen Pädophilie leidet, schaute mit dem Knaben auch ein Aufklärungsbuch aus dem Jahr 1974 an, das wegen seiner Abbildungen längst nicht mehr im Verkauf ist. Es gilt aus heutiger Sicht als hoch problematisch. «Ich dachte immer, das sei harmlos». Schliesslich würden die Kinder auf den Bildern lachen, die Atmosphäre sei gut. 

Der Beschuldigte ist geprägt von den Ansichten der 1968er-Generation. Damals gab es die Meinung, dass sexuelle Handlungen mit Kindern unschädlich seien, wenn sie von den Kindern ausgehen würden. Er selber führte als 8-Jähriger eine Beziehung zu einem 16-Jährigen. Diese Beziehung habe er aber gewollt, es sei «eine freudsame Erfahrung gewesen und absolut freiwillig.»

Mehrfache Übergriffe

Auch sein eigener Stiefsohn wurde Ziel seiner Übergriffe. Als der Knabe ihm gesagt habe, dass er das nicht möge, habe er aber aufgehört. Gemäss Anklage kam es zu zehn bis zwanzig Missbräuchen. 

Obwohl er «nur Knaben mag», wie er selber sagte, missbrauchte er gemäss Anklage auch seine leibliche Tochter. 

Er habe sich schon Gedanken darüber gemacht, ob seine Handlungen den Kindern schaden könnten. Dass diese heute noch darunter leiden, tue ihm leid. Die beiden Knaben sind wegen der Misshandlungen körperlich und psychisch beeinträchtigt und benötigen Therapie.

Mehrfach einschlägig vorbestraft

Der ehemalige kirchliche Mitarbeiter und Clown ist mehrfach einschlägig vorbestraft und erhielt auch schon Freiheitsstrafen. Die erste Verurteilung stammt aus den 1980er-Jahren.

Medikamente zur Triebsteuerung

Er dürfe auf keinen Fall mehr Kontakt zu Knaben haben und nicht mehr mit ihnen arbeiten. Ein Gutachten attestiert ihm eine homosexuelle Pädophilie und eine hohe Rückfallgefahr. Eine medikamentöse Behandlung der Triebsteuerung lehnte er bisher immer ab. Mittlerweile habe er eine andere Meinung. 

Welches Strafmass die Staatsanwaltschaft stellt, ist noch offen. Der 54-jährige soll wegen sexueller Nötigung, sexueller Handlungen mit Kindern, Pornografie und Gewaltdarstellungen verurteilt werden.

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